Vielleicht kennen Sie die folgende Situation: Nach monatelanger Konzeption und Erstellung von E-Learning-Inhalten für Ihre Mitarbeitenden ist die Nutzung überschaubar. Mit dem Problem sind Sie nicht allein. Auch wenn in den letzten Jahren immer mehr Unternehmen dazu übergehen, ihre Mitarbeitenden mit Hilfe von E-Learning zu schulen, belegen „aktuelle Untersuchungen häufig eine unzureichende Akzeptanz im Sinne einer mangelnden Nutzung von E-Learning-Angeboten in Unternehmen“ (BÜRG MANDEL, S. 2).
Was Sie konkret tun können und auch bei der Erstellung Ihrer E-Learning-Medien bereits beachten sollten, damit Ihre E-Learnings von Mitarbeitenden angenommen werden, wird im Folgenden beleuchtet.
Es gibt vier Dimensionen, in denen Sie die Akzeptanz steigern:
Die Unternehmenskultur
Laut In-Focus Report von Towards Maturity geben 59% der Mitarbeiter an, dass ihnen die Zeit für Selbstlernmedien fehlt [FOCUS].
Daher ist es wichtig, dass die Unternehmen eine Lernkultur fördern. Selbstgesteuertes Lernen und Qualifizierungsmaßnahmen sollten bei der Arbeit einen alltäglichen Charakter einnehmen.
Tomas Chamorro-Permuzic und Josh Bersin nennen vier Faktoren, die einen Einfluss auf die Lernkultur im Unternehmen haben:
- Bestärkung von positivem Lernverhalten
- Konstruktives und kritisches Feedback
- Vorbildfunktion von Führungskräften
- Einstellen von neugierigen Mitarbeitern
Eine Untersuchung mit 700 Organisationen zeigt, dass durchschnittlich lediglich 24 Minuten pro Mitarbeitenden pro Woche für formales Lernen investiert werden [BERSIN]. Um hier eine Verbesserung zu erzielen, ist es wichtig, dass positives Lernverhalten bestärkt wird, beispielsweise über ein Belohnungssystem.
Darüber hinaus ist konstruktives und kritisches Feedback durch die Führungskräfte, bezogen auf das Lernverhalten, notwendig, damit der Mitarbeitende stets den eigenen Entwicklungsstand reflektiert. Der Wille und die Motivation zur Weiterentwicklung wird durch konkrete Lernziele gesteigert. Zudem darf die Vorbildfunktion von Führungskräften nicht unterschätzt werden. Bei der Einstellung von neuen Mitarbeitenden ist darauf zu achten, dass diese neugierig und wissbegierig sind und ein hohes Interesse an Weiterbildungen haben [CHAMORRO].
In unserem Artikel „Alles, was Sie vor der Einführung von E-Learning wissen müssen“ erhalten Sie weitere Informationen darüber, was bei der Einführung von E-Learning beachtet werden sollte.
Lernangebot
Das bereitgestellte Lernangebot ist ebenso entscheidend für den Erfolg des E-Learnings. Hierbei sind folgende Aspekte relevant:
- Nutzen
- Integration der Fachabteilungen
- Feedback
- Für Überraschung sorgen – Easter Eggs –
1. Nutzen
Beim Lernangebot sollte stets der Nutzen für Mitarbeitende im Fokus stehen. „Der Nutzen eines Anwenders ergibt sich aus dem Grad der Bedürfnisbefriedigung. Je höher der erwartete bzw. wahrgenommene Grad an Bedürfnisbefriedigung, desto höher erscheint der erwartete bzw. wahrgenommene Nutzen. Dieser wird jedoch durch die Nutzungskosten reduziert. Unter Nutzungskosten werden all jene finanziellen Aufwendungen, Zeit und Anstrengungen verstanden, die dem Anwender bei der Bedürfnisbefriedigung entstehen bzw. die von ihm erwartet werden“ [BÜRG, 2005, S. 34].
Aber was ist ein Nutzen für Mitarbeitende? Nutzen entsteht beispielsweise wenn Mitarbeitende auf Wissen zugreifen muss, das noch nicht verfügbar ist. Doch anstelle jetzt Kolleg*innen um Hilfe gebeten werden, lässt sich auch einfach ein E-Learning-Inhalt nutzen, das sofort das gewünschte Wissen vermittelt. Was Mitarbeitende dadurch lernen? Selbstwirksamkeit, die zu einer steigernden Zufriedenheit und effizienterem Arbeiten führt und gleichzeitig dafür sorgt, dass Wissende in einem Unternehmens nicht ständig durch Hilfeleistungen in ihrer Arbeit unterbrochen werden.
Good to know: Im Artikel „Wie Sie ein motivierendes E-Learning-Medium konzipieren“ ist beschrieben, wie ein motivierendes E-Learning konzipiert wird.
2. Integration der Fachabteilungen
Um für Mitarbeitende nützliche E-Learning-Inhalte bereitzustellen, ist es unumgänglich, die Fachabteilungen bei der Erstellung der Lerninhalte zu integrieren. Nur so ist es möglich, aktuelles und nützliches Wissen zur Verfügung zu stellen. Das fängt beim Onboarding an und geht bis zu täglichen To-Dos, wo E-Learning-Inhalte den gewünschten Performance Support liefern. Neben der gemeinsamen Konzeption der E-Learning-Inhalte mit den Fachabteilungen helfen Umfragen, relevante Wissensinhalte zu ermitteln.
Folgende Fragen helfen dafür:
- Welche Wissensinhalte müssen Sie am häufigsten erfragen?
- Welches Wissen würde Ihnen am meisten helfen?
- Wie beschaffen Sie sich derzeit das Wissen, das Sie für Ihre Arbeit benötigen?
Good to know: In unserem Artikel „Es gibt nur die eine Chance für den ersten guten Eindruck – Wie E-Learning dabei hilft“ finden Sie eine Hilfestellungen bezüglich der Erstellung von E-Learning Inhalten für den Onboarding Prozess.
3. Feedback
Neben den Befragungen, welche Inhalte sich Mitarbeitende für Ihre Arbeit wünschen, ist aktuelles Feedback hilfreich bei der Konzeption von E-Learning-Inhalten. Wo sehen Mitarbeitende bspw. Optimierungsbedarf – was lässt sich verbessern? Welche Inhalte fehlen? etc.
Integrieren Sie das stetig eingeholte Feedback kontinuierlich, entsteht nach und nach eine Lernwelt, die auf die Anforderungen des Unternehmens und Mitarbeitenden optimiert ist, was wieder rum eine große Akzeptanz bei den Mitarbeitenden bewirkt.
4. Für Überraschungen sorgen
Eine Faszination entsteht durch unvorhergesehene positive Überraschungen. Als „Easter Eggs“ werden versteckte Besonderheiten in Medien und Computerprogrammen bezeichnet, wie beispielsweise ein Gagscreen oder kleine Informationen, die nur bei bestimmten Voraussetzungen angezeigt werden. Aber auch einfachere Änderungen haben positive Effekte, wie beispielsweise die Anpassung der E-Learning-Startseite, die je nach Jahreszeit oder tagesaktuellen Themen unterschiedliche Bilder, Informationen oder Zugriffe auf Gewinnspiele ermöglicht. Durch die für Mitarbeitende nicht nachvollziehbaren Zeitpunkte, wann interessante Inhalte angeboten werden, werden sie häufiger nachsehen. Das zugrundeliegende Phänomen der intermittierenden Verstärkung ist ein Erklärungsansatz für die Suchtwirkung der neuen Medien [VERSTAERKUNG].
Benutzerfreundlichkeit
Auch die Benutzerfreundlichkeit spielt eine wichtige Rolle für die Akzeptanz Ihres E-Learning-Angebots. Sie umfasst konkret die folgenden Aspekte:
- Höchste Qualität, ansprechendes Design, durchdachte Benutzerführung
- Methodik und Didaktik
- Berücksichtigung der unterschiedlichen Medienkompetenzen & Persönlichkeiten
- Adaptierte Nutzungsgewohnheiten
- Art der Bereitstellung des Lernangebotes
1. Höchste Qualität, ansprechendes Design, durchdachte Benutzerführung
Vielleicht kennen Sie den folgenden Sachverhalt aus dem privaten Bereich. Sie benötigen Hilfestellung für ein Problem und benutzen eine Suchmaschine. Sie öffnen die erste Seite, das Design entspricht nicht Ihren Anforderungen, der erste Satz enthält Fehler oder die dargestellten Bilder haben eine schlechte Qualität. Sie fangen gar nicht an, den Text zu lesen, sondern gehen zurück zur Suchmaschine öffnen ein anderes Suchergebnis. Wir sind so verwöhnt von den unzähligen redundanten zur Verfügung gestellten Informationen im Internet, dass wir uns genau aussuchen, auf welcher Webseite wir mehr als 7 Sekunden verbringen.
Auch wenn es sich beim E-Learning-Angebot eines Unternehmens nicht um eine Webseite im klassischen Sinne handelt, sollte der Anspruch an die dargestellten Informationen identisch sein. Das bedeutet, dass die dargebotenen Inhalte entsprechend der Qualitätskriterien des Unternehmens gestaltet werden, das Design ansprechend und die Benutzerführung optimiert ist, sodass Mitarbeitende schnell auf die für sie relevanten Inhalte Zugriff haben.
2. Methodik und Didaktik
Um beim Lernenden Aufmerksamkeit und Interesse als Voraussetzung für die Speicherung der Lerninhalte zu erwirken, ist es unumgänglich, das Lernangebot nicht nur in höchster Qualität und ansprechendem Design zu präsentieren, sondern auch nach methodischen und didaktischen Prinzipien aufzubereiten.
Nach Six [SIX, S. 336] et al. umfasst die Informationsaufnahme und -verarbeitung folgende Stufen:
- Zuwendung
- Aufmerksamkeit
- Interesse
- Aufnahme bestimmter Bestandteile der Botschaft
- Zustimmung sowie Speicherung der Botschaften
Die Methodik und Didaktik hilft Ihren Mitarbeitenden nicht nur bei der Aufnahme der Lerninhalte, sondern auch bei Transferleistungen. So unterstützen beispielsweise szenariobasierte Lernprogramme dabei, den Mitarbeitenden realitätsnah handlungsbasiertes Wissen zu vermitteln, das sie leicht in den Alltag transferieren.
3. Beachtung von unterschiedlichen Medienkompetenzen und Persönlichkeit
Die präsentierten Lerninhalte sollten Mitarbeitende mit unterschiedlichen Medienkompetenzen gleichermaßen abholen, sodass auch Mitarbeitende mit wenig Medienerfahrung schnell Erfolgserlebnisse erlangen. Dies kann beispielsweise über Hilfeseiten zu den entsprechenden Lernmedien erreicht werden.
Mitarbeitende sind jedoch nicht nur bezüglich ihrer Medienkompetenz heterogen, sondern auch einzigartig in ihrer Persönlichkeit.
„Grundsätzlich kann […] von einem Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Medienwahl ausgegangen werden“ [SCHMIDT, S. 29]. Daher ist es wichtig, dass sie die dargebotenen Lerninhalte mit unterschiedlichen Medien präsentieren, sodass beispielsweise introvertierte Menschen, die eher reizarme Medien bevorzugen, gleichermaßen ansprechende Inhalte vorfinden, wie extrovertierte Menschen, die mit dem Konsum von Medien ihr Erregungsniveau steigern wollen [SCHMIDT, S. 29].
4. Adaptierte Nutzungsgewohnheiten aus digitalen Räumen verwenden
Studien haben gezeigt, dass Vertrautes leichter und schneller verarbeitet und somit gelernt werden kann (Salienz). Daher ist es wichtig, Nutzungsgewohnheiten aus digitalen Räumen zu unterstützen, wie beispielsweise Games, Social Media, Videos und Audios. In der Freizeit sind wir gewohnt, dass wir auf Inhalte des Internets auch über unser Smartphone zugreifen. Daher sollten die bereitgestellten Inhalte auch unternehmensintern diesen Ansprüchen genügen. Soll Mitarbeitenden ermöglicht werden, nicht nur über den Desktop-PC auf die bereitgestellten Inhalte zuzugreifen, sondern auch über Tablets oder Smartphones, dann sollten die Inhalte entsprechend optimiert sein. Das heißt nicht nur, dass die Inhalte responsiv dargestellt werden, sondern auch inhaltlich bezüglich der Darstellungsform angepasst werden. Das kann beispielsweise bedeuten, dass andere Bilder oder Texte oder auch Aufgabentypen verwendet werden, die wesentlich nutzerfreundlicher über das Tablet oder Smartphone zu bedienen sind.
5. Art der Bereitstellung des Lernangebotes
Die Theorie des multimedialen Lernens nach Mayer (2001) befasst sich mit gestalterischen Prinzipien, die dafür sorgen, dass Medieninhalte besser gelernt werden. Dazu gehören folgende Prinzipen:
- Multimedia-Prinzip: Darstellung der Medieninhalte durch mehrere Zeichenarten, beispielsweise Bild und Text
- Prinzip der räumlichen Nähe: räumliche Nähe bei der Präsentation der zusammengehörigen Informationen
- Prinzip der zeitlichen Nähe: Zeitliche Nähe bei der Präsentation zusammengehöriger Informationen, da Informationen gleichzeitig abgespeichert werden
- Kohärenz-Prinzip: Weglassen von irrelevanten Informationen
- Modalitätsprinzip: Ansprechen so vieler Sinnesorgane wie möglich
- Segmentierungsprinzip: Freiheit für die Lernenden bezüglich der Steuerung beim Ablauf und Dauer einzelner Lerninhalte
- Prinzip der persönlichen Ansprache: Inhalte in personalisierter Form vermitteln
Neben den gestalterischen Prinzipien sollten die Lerninhalte inspirierend und abwechselnd gestaltet werden, damit Ihre Mitarbeitenden nicht zu den 35% gehören, die nicht inspirierende Lerninhalte als Barriere für das Lernen ansehen [FOCUS]. Basis dafür ist eine Medienvielfalt. Desto mehr unterschiedliche Medien Sie bei der Erstellung der Lerninhalte zur Verfügung haben, umso freier sind Sie und können abwechslungsreiche und inspirierende Inhalte kreieren.
Good to know: In unserem Artikel „10 Arten von E-Learning-Software, welche ist die richtige? – Ein Vergleich“ beschäftigen wir uns mit der Fragestellung, welche E-Learning Software, für welche Lernszenarien geeignet ist.
Interne Marketingaktionen
Damit Mitarbeitende des Unternehmens überhaupt auf die Lerninhalte aufmerksam werden, bedarf es kontinuierlicher interner Marketingaktionen und einer stetigen Evaluation des Nutzungsverhaltens der Mitarbeitende. Basierend auf den Evaluationsergebnissen sind die Inhalte entsprechend anzupassen, um so den Nutzen für die Mitarbeiter zu maximieren.
Beispielsweise helfen folgende Marketingaktionen, die Aufmerksamkeit von Mitarbeitenden erhöhen:
- Regelmäßige Newsletter, die jeweils auf neue Inhalte hinweisen
- Umfragen mit Mitarbeitenden bezüglich der Inhalte oder Verbesserungswünsche
- Gewinnspiele oder Gamification-Ansätze, die es erlauben, dass Mitarbeitende einen Wettbewerb austragen und ggf. eintauschbare Credits sammeln
- Nutzung des Intranets, um auf neue Inhalte aufmerksam zu machen, oder das Ranking der Mitarbeitende bezüglich der Gewinnspiele anzuzeigen
Alle Marketingaktionen sind stetig bzgl. der resultierten Ergebnisse zu überwachen. Dazu gehört ein regelmäßiges Reporting, das Auskunft über das Nutzungsverhalten unterschiedlicher E-Learning-Inhalte gibt. Zusätzlich sind vor der Bereitstellung der E-Learning-Inhalte Kennzahlen festzulegen, die nicht nur gewünschte Nutzungszahlen integrieren, sondern auch Maßnahmen, was bei Überschreiten oder Unterschreiten der Zielvorgaben zu tun ist. Beispielsweise kann bei einer Überschreitung dafür gesorgt werden, dass mehr Serverkapazitäten bereitgestellt wird, sodass das Antwortverhalten der Seite stets optimal bleibt. Bei Unterschreiten der Besuchszahlen kann eine der erwähnten interne Marketingaktionen durchgeführt werden.
Fazit
Wichtig bei der Integration von E-Learning in Unternehmen ist, dass nicht nur die E-Learning-Inhalte optimiert werden, sondern auch die Basis einer lernenden Organisation geschaffen wird. Interne Marketingprogramme sollten dafür sorgen, dass einerseits Mitarbeitende über aktuelle und neue Inhalte informiert sind und andererseits Optimierungspotenzial aufzeigen dürfen. So ist es möglich, nach und nach eine Lernwelt zu schaffen, die regelmäßig genutzt wird.
Benötigen Sie Hilfestellung oder haben Fragen zu den 4 Dimensionen zur besseren Akzeptanz von E-Learning-Inhalten? Dann kontaktieren sie uns. Wir freuen uns Sie umfangreich zu unterstützen.
Quellen
[BÜRG-MANDL] Bürg, Oliver; Mandl, Heinz (April 2004): Akzeptanz von E-Learning in Unternehmen. (Forschungsbericht Nr. 167). LMU München: Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie, Internet, ISSN 1614-6336
[CHAMORRO] Tomas Chamorro-Premuzic and Josh Bersin, 4 Ways to Create a Learning Culture on Your Team, Harvard Business Review, July 12, 2018
[SIX] Six, U./Gleich, U./Gimmler, R.: Kommunikationspsychologie und Medienpsychologie. 1. Auflage. Beltz Verlag. Weinheim 2007
[SCHMIDT] Schmidt, S. (2016). Medienpsychologie. 1. Auflage. Riedlingen. Studienbrief der SRH Fernhochschule.
[BERSIN] https://joshbersin.com/2018/06/a-new-paradigm-for-corporate-training-learning-in-the-flow-of-work/
[FOCUS] Dixon, G, Overton, L. (2017). Modern learning content. For modern workers. Towards Maturity. IN-FOCUS. https://towardsmaturity.org/
[BÜRG] https://www.grin.com/document/139977
[VERSTAERKUNG] https://lexikon.stangl.eu/22582/intermittierende-verstaerkung/